Biografien
Hier einige Biografien zu Personen aus dieser Gegend aus alten Büchern welche bei Google Books einsehbar sind.
Börner, (Juli. Gottfried). K. Musik-Director, Organist und Kantor der Louisenkirche zu Charlottenburg. Geboren 13. Nov. 1809 zu Niemegk bei Belzig, erhielt den ersten Musik - Unterricht bei dem Kantor Altstadt daselbst, den er 1824 auf dem Seminar zu Potsdam unter Schärtlich's Leitung fortsetzte. Im Jahre 1827 ward er Schüler des K. Instituts für Kirchenmusik in Berlin, wo er in der Compositionslehre, dem einfachen und doppelten Contrapunkte und der Fuge von B. Klein Unterricht erhielt. Zu Michaeli 1828 ward er als Lehrer und Stellvertreter des Kantors Liebetrut in Charlottenburg angestellt, genoss aber nach wie vor den Unterricht B. Klein's bis zu dessen Tode. Im Jahre 1834 trat er in die Sing-Akademie zu Berlin, deren Mitglied er noch jetzt (1859) ist. Im Jahre 1836 ward ihm die Kantor- und Organistenstelle des emer. Kantors Liebetrut bei der Louisenkirche zu Charlottenburg übertragen, und 1849 erhielt er das Prädikat eines K. Musik-Directors. Er hat viel componirt und erhielt vom Könige Friedr. Wilh. IV. für Ueberreichung von 12 von ihm componirten Psalmen die grosse goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft. Seit dem Jahre 1840 veranstaltet er fast jährlich am 19. Juli (Todestag der Königin Louise) eine musikalische Trauerfeier zu wohlthätigem Zwecke. Unter seinen Compositionen, von denen nur wenige gedruckt sind, befinden sich 2 Oratorien, 12 Psalmen, 40 Quartette, Lieder etc., 10 Präludien und Fugen f. d. Orgel, 6 Ouvertüren und 10 Sinfonien f. Orch., 6 Streichquartette. Augegeben können folgende werden:
Kirchenmusik. 1. Das Pfingstfest. Orat. 21. Jun. 1838. Louisenkirche zu Charlottenburg. 2. Elias. Orat. 3 Abth. 1844. 3. D. 138 Psalm. 1. Sept. 1850 zur Einweihung der Kirche zu Lützow comp. und von ihm dort dirigirt: „Ich danke dir von ganzem Herzen!" - 4 Tc Deum laudamus. 5. 3. Psalm. 6. 25. Psalm. 7. 28. Psalm. 8. 46. Ps. 9. 47. Psalm. 10. 56 Psalm. 11. 86. Psalm. 12. 97. Psalm. 13. 100. Psalm. 14. 103. Ps. 15. 121. Psalm.
Lieder: 12 Soldatenlieder von Pulvermacher f. 4 M st. Sr. K. H. dem Prinzen von Preussen. ded. Bresl. Cranz.
Tänze: Alexandertänze f. Pf. (1. Polon. 2. Preussischer Tanz. 3. Walzer. 4. Ma. zurka) op. 2. Berl. Stackebrand 1837.
Stein (Carl), Königl. Musik-Director und Organist au der Stadtkirche zu Wittenberg. Geb. den 25. Oct. 1824 zu Niemegk (Kr. Zauch-Belzig), Sohn des dortigen Oberpredigers, hegte schon früh den Wunsch, sich der Musik zu widmen, machte kleine Compositions-Versuche und versah, nachdem er den Unterricht des tüchtigen Organisten Brandt im Orgelspiel erhalten, oftmals das Organistenamt selbstständig. Durch musikalische Landsleute (Gebr. Börner) angeregt, besuchte er das Seminar zu Potsdam, wo er den Unterricht Schärtlich's in der Musik genoss, den er auch als Organist der Garnisonkirche oft vertreten musste. Im J. 1841 trat er in das K. Institut für Kirchenmusik zu Berlin, wo A. W. Bach. Grell und Killitschgy seine Lehrer waren; auch hörte er die Vorlesungen des Prof. Marx und ward nach einem Jahre Eleve der Akademie der Künste unter Rungenhagens Leitung. Hier ward ihm die grosse silberne Medaille als Preis von der Akademie ertheilt. Im J. 1846 veranstaltete und leitete er in seiner Vaterstadt ein 2tägigee Musikfest. In Berlin, wo er bis zum J. 1850 privatisirte, wurden mehrere grössere Compositionen von ihm zur Aufführung gebracht, als: der 71. Psalm 1846; die Cantate: Ein Abend in Neapel, 1848; eine idyllische Cantate von Kannegiesser, 1849; eine Symphonie Em. f. Orch., von der Liebig'schen Kapelle aufgeführt. Nachdem er in der letzten Zeit seines Aufenthaltes in Berlin die Organistenstelle der jüdischen Reformgemeinde versehen hatte, ward er 1850 als Organist der Stadtkirche und Gesanglehrer des Gymnasiums nach Wittenberg berufen. Hier vollendete er sein Oratorium: die Geburt Christi, das er unter Mitwirkung der Dessan'schen Kapelle in Wittenberg zur Aufführung brachte. Am 19. April I860 ward ihm die Leitung der zur 300jährigen Todesfeier Melanchton'e stattgefundenen Musikaufführung in Wittenberg übertragen, wobei ein Theil der Berliner Sing - Akademie mitwirkte. Im Mai desselben Jahres erhielt er das Patent eines K. Musik - Directors.
Lieder. 3 Lieder f. 1 Sgst. m. Pf. (1. Und wüssten's die Blumen. 2. Lebe wohl. 3. Geh' du nur hin), op. 1. Berlin, Challier. — Eiue Thräne, v. Beck, Terz. f. S. A. T. m. Pf. op. 2. Potsd. Riegel. — 6 Fabeln, v. Speckter, f. 1 Sgst. m. Pf. op. 4. Magdeb. Heinrichshofen. — 2 Duette f. S. u. T. m. Pf. ebend. 18S4. — Eine Liedersammlung f. Schulen. — Wittenberger Choralbuch, Potsd. Riegel. — Ferner zerstreut Compositionen in verschiedenen Sammlungen.
Clavier-Compositionen. Jugendklänge, leichte Sätze f. Pf. 2 Hefte, op. 3. Potsdam, Riegel.
Johann Gabriel August Conradi, Chirurgus, geboren den 2 April 1771 zu Niemegk. Sein Vater war der Chirurgus Johann Gabriel Conradi. Derselbe ging im Jahre 1826 als Chirurgus bei dem von Usedomschen Husaren-Regiment mit zu Felde und ist seit der Schlacht bei Auerstädt oder seitdem Treffen bei Lübeck verschollen. Sein Vermögen im Depositorio in des Vormundschaft- Gerichts beträgt 5 Rthlr. Gold und 52 Rthlr. 7 gl. 5 Pf- Courant.
Himmel (Friedrich Heinrich), geboren zu Treuenbrietzen 1765 (20.11.1765, + 08.06.1814 in Berlin) ; studierte Theologie und wartete eben in Potsdam auf eine Feldpredigerstelle, als ihn der König Friedrich Wilhelm II, als einen geschickten Klavierspieler kennen lernte. Er erhielt nun einen Jahresgehalt und widmete sich ganz der Musik, die er in Dresden unter Naumann, dann später in Italien studierte; er ward zum königlich preußischen Kapellmeister ernannt, machte Urlaubsreisen nach Schweden, Rußland und England und hielt sich längere Zeit am gothaischen Hofe auf, lehrte aber nach Berlin zurück, und starb 18l4. Unter seinen Opern zeichnet sich vorzüglich Fanchon aus, die zwischen Baudeville und Oper inne steht. Hs. Talent bestand überhaupt vorzüglich in seiner Liederkomposition, und er war es vorzüglich, der das Lied zu der Stufe der Vollkommenheit brachte, wie wir es jetzt besitzen. In dieser Art ist eine seiner vorzüglichsten Compositionen: Urania, gedichtet von Tiedge.
Friedrich Heinrich Himmel, 1765 zu Treuenbrietzen im Brandenburgischen geboren. Auch er trieb Musik Anfangs nur dilettantisch in seinen Erholungsstunden und erst durch den König Friedrich Wilhelm II. wurde er bewogen, das Studium der Gottesgelahrtheit, für welches er sich entschieden, aufzugeben und unter Naumann, dem seiner Zeit hochberühmten Operncomponisten in Dresden, Musik zu studieren. Naumann dürfte der letzte entschiedene Vertreter jener sogenannten „galanten Schreibart" sein, die durch Prätorius und Schütz in Deutschland eingeführt wurde und hier bald derartig das Bürgerrecht erlangte, daß jeder strebende Musiker, wollte er irgendwie zu Bedeutung gelangen, die galante Schreibart in Italien selbst erlernen mußte. Auch Naumann hatte sie dort gelernt und geübt, aber zu einer Zeit, in welcher durch sie schon die Macht der ursprünglichen italienischen Cantilene gebrochen und die Melodie in saftlosen Schnörkeln und Verbrämungen untergangen war. So übte sie Naumann und überlieferte er sie seinem Schüler und in diesem trieb sie eine neue Weise des volksthümlichen Liedes. Das im Ganzen feste Gefüge des Hiller'schen Liedes wird aufgelöst und mit jenem neuen fremden Element versetzt. In jenem sind noch Melodie und Harmonie ziemlich eng verbunden und darum schwer zu trennen, in diesem fallen beide schon auseinander. Die Melodie tritt so dominierend auf, daß die Harmonie nichts weiter als dürftige Unterlage bildet, und sie selbst ihren eigentlichen Charakter und feste Construction verliert. Auch die Hiller' sche Melodie erfasst Text und Stimmung eigentlich wenig und nur ganz oberflächlich, aber in dem sichern Anschluss an das Wort und das Sprachmetrum, bei einheitlichem Zuge der Melodie, bildet sich dieser doch ein ganz bestimmter Charakter an. Davon ist jetzt kaum noch die leiseste Spur. Alle Melodien dieser Richtung haben fast unterschiedloses Gepräge, dass man sie beliebig verwechseln könnte. Sie setzen sich nur aus einzelnen Phrasen zusammen, höchstens mit Berücksichtigung der Reimzeilen. Es gilt dies noch weniger von den Liedern aus Himmel's „Fanchon": „Es kann ja nicht immer so bleiben" und „Die Welt ist nichts, als ein Orchester," die noch der Hiller'schen Weise entsprechen. Aber schon: „An Alexis send ich dich" steht so hart an der Grenze, dass es mehr jener letztern Gattung des volkstümlichen Liedes angehören dürfte.
Mit den Gesängen aus Tiedge's „Urania," welche der Königl. Preuß. Hofkapellmeister und Kammerkompositeur in der Vorrede für sein liebstes Werk erklärt, beginnt die höhere Cultur des volkstümlichen Liedes unter empfindsamen Schreibern, gebildeten Schneidergesellen und gefühlvollen, nicht mehr zu jungen und guitarrespielenden Jungfrauen. Die Melodie des: „ Mir auch war ein Leben aufgegangen" wurde der Typus für eine unendliche Reihe volksthümlicher Lieder, die sich in jenen Kreisen bis in die jüngste Zeit erhalten haben, während sie in den höhern gar bald von anderen verdrängt wurden. Wir kommen, wie schon bemerkt auf diese Erscheinungen später noch zurück.
Herz (Chr. H.) Proviantmeister und Magazin-Rendant zu Stralsund; geb. zu Treuenbrietzen am 21. November 1787. §§ Notizen für angehende Militair-Oekonomie-Beamte. Greifsw 1818-20. 3 Hefte, 8. Blätter zur gemeinnützigen Erkenntniss der äusserl. Mängel und Gebrechen mehrerer Haustiere. Berlin 1822. 4.
Hr. Tobias Turley, Orgelbauer zu Treuenbrietzen, wenn gleich Autodidact, war ein im Forschen u. in seiner Kunst unermüdlich vorwärts strebendes Genie. Er verbesserte seine Orgelwerkzeuge, dass sie zur Arbeit vortheilhafter als sonst zu benutzen waren, und erfand neue, so wie auch eine Vorrichtemaschine, welche er benutzte, um gegossene kurze u. starke Metallplatten so zu bearbeiten, dass sie auf eine sichere Art, nach Willkür, zu dünnen u. langen Platten ausgewalzt werden konnten, die er sodann zu Orgelpfeifen verwandte. Hierdurch ersparte er sich nicht nur das der Gesundheit so nachtheilige, sehr mühsame u. oft misslingende Giessen grosser Platten , sondern auch Zeit u. Geld, indem solche Platten der Behobelung nicht bedürfen, folglich kein Abgang Statt findet, bei dessen Umschmelzung viel Metall verloren geht, und das, was beim Zuschneiden der Pfeifenplatten abfällt, dünner gewalzt u. zu kleinem Pfeifen verwendet werden kann. Gewalzte Platten haben überdem vor den gehobelten den Vorzug, dass sie auf beiden Seiten eine stets gleiche Fläche u. eine natürliche Politur erhalten, sich leichter u. besser wie jene runden, als Pfeifen leichter ansprechen, sich leichter intouiren u. stimmen lassen, auch einen reinem Klang 'geben.
Der Sohn desselben, Hr. Friedrich Turley zu Treuenbrietzen, erlernte bei seinem Vater die Orgelbaukunst u. arbeitet, nach dem Tode seines Vaters, in dessen Geiste fort. Unter seinen Erfindungen, von welchen ich hier den Gebrauch des Elfenbeines zu Mundstücken der Zungenstimmen, die der Verstimmung weniger als die von Metall ausgesetzt sind, die eigene Art, Knochen zu präpariren, und seine schrägen Vorschläge an hölzernen Orgelpfeifen nenne, ist die wichtigste: Labialpfeifen ohne Kerne zu arbeiten, die eine überraschend schöne, sanfte u. ätherische Orgelstimme gehen. Bis jetzt stehen sie nur erst in den Orgeln zu Neu-Ruppin u. Perleberg, und sollen nun auch für Salzwedel in die St. Catharinenkirchenorgel gestellt werden.
Chemnitius, Mt. , Doct. Theol. u. Superinr. in Braunschweig s. 1554 (früh. Rector an der Domschule in Königsberg, 1550 fürstl. Bibliothekar das., dann einige Zeit akadem. Lehrer in Wittenberg), geb. 9. Nov. 1522 zu Treuenbrietzen, + 8. Apr. 1586.
C. W. Ferd. Büchner, 1807, 26. Juli in Bardewitz bei Treuenbrietzen geb., war Lehrer in Halle, Schulpforte, Halberstadt; jetzt Oberlehrer am Gymn. zu Schwerin, seit 1834. — Cic. or. p. S, Roscio Amer.
Chemnitz (Martin), nächst Melanchthon, dessen Schüler er war, der berühmteste unter den luth. Dogmatitern des 16. Jahrh., geb. von armen Aeltern zu Treuenbrietzen in der Mark Brandenburg 9. Nov. 1522, zuerst Schulmeister in Wriezen a. d. O. (1544), dann Mathematiker und Astronom, studierte seit 1545 in Wittenberg und Königsberg, erhielt an letzterm Orte 1548 das Rectorat an der Domschule und wurde 1550, wegen seiner astrol. Kenntnisse dem Herzog Albrecht empfohlen, dessen Bibliothekar. Erst von dieser Zeit an ward die Theo« logie sein Hauptstudium. In den Streitigkeiten Osiander's über die Rechtfertigungslehre nahm er mit Mörlin Partei gegen denselben und wendete sich 1553, wo Oslander's Partei obsiegte, wieder nach Wittenberg. Hier hielt er Vorlesungen über Melanchthon's „Loci communes“ aus denen seine eigenen „Loci theologici“ (herausg. von Leyser, Franks. 1591) entstanden, welche in Methode und gelehrter Ausstattung alle Arbeiten ähnlicher Art aus jener Zeit übertreffen. 1554 wurde er Prediger in Braunschweig. In dieser Zeit nun schrieb er seine „Repetitio sanae doctrinae de vera praesentia corporis et sanguinis Domini in coena sacra“ (Lpz. 1561), worin er die Abendmahlslehre Luther's gegen die Reformirten vertheidigte; die „Theologiae Jesuitarum praecipua capita“ (Lpz. 1562), eine nackte Darstellung der gefährlichen Lehren der Jesuiten, und das „Examen ooncilii Tridentini“ (4 Bde., Lpz. 1565; vollständige Ausg., Franks. 1707), ein Werk, in dem er sich als der scharfsinnigste und gelehrteste Polemiker gegen den röm. Katholicismus bewiesen hat. Seit Melanchthon's Tode wandte er sich, wie so mancher seiner Zeitgenossen, immer entschiedener von der Lehrweise seines großen Lehrers ab und den exclusiv luth. Anschauungen über Gnade und Willensfreiheit, Erbsünde, Belehrung, Ubiquität, Abendmahl u. s. w. zu. In diesem Sinne hat er an der Feststellung des luth. Lehrbegriffs im Gegensatze zu dem melanchthonischen einen entschiedenen Antheil genommen. Mit Mörlin in Königsberg arbeitete er 1566 das „Corpus doctrinae Prutenicae“ aus, welches für die Protestanten in Preußen symbolisches Ansehen erhielt. Nachdem er 1567 Superintendent zu Braunschweig geworden, faßte er eine Confession für die niedersächs. Kirchen ab, welche 1571 auf dem Convent zu Wolfenbüttel angenommen wurde. Mit Jac. Andreä betrieb er die Vereinigung der sächs. und schwäb. Kirchen zur Annahme der Concordienformel (s. d.), die in Ober- und Niedersachsen, Franken und Schwaben als Lehrnorm eingeführt wurde. Fast seine ganze Thätigkeit war diesem Werke gewidmet; bei allen deshalb gehaltenen Conventen führte er nächst Andreä das Wort. Trotzdem mußte er noch den Schmerz erleben, daß sein eigener Landesherr das mühsam zu Stande gebrachte Concordienwerk abwies. Er starb zu Braunschweig, nachdem er 1585 sein Amt niedergelegt, 8. April 1586. Die von ihm angefangene „Harmonia evangeliorum“ wurde von Leyer und Joh. Gerhard vollendet. — Sein Sohn, Martin C., geb. 15. Oct. 1561, wurde 1593 Rath des Herzogs Bogislav XIII. von Pommern, 1618 Geheimrath und Kanzler des Herzogs Friedrich von Holstein-Gottorp und starb zu Schleswig 26. Aug. 1627. — Philipp Bogislav von C., einer der fünf Söhne des letztgenannten, geb. zu Stettin 9. Mai 1605, trat sehr jung in holländ., dann in schwed. Kriegsdienste, ward auf Empfehlung des Kanzlers Orenstierna von der Kömgin Christine von Schweden zum Rath und Historiographen ernannt, 1648 in den Adelstand erhoben und starb auf seinem Gute zu Hallstadt in Schweden 1678. Unstreitig ist er der Verfasser der unter dem Namen Hippolitus a Lapide erschienenen merkwürdigen Schrift „De ratione status in imperio nostro Romano - Germanico etc.“ (1640: 2. Aufl., Freystadt 1647), in welcher die gemissbrauchten kaiserl. Gerechtsame in ihre Grenzen zurückgewiesen wurden und eine freiere Behandlung des Staatsrechts angebahnt ward. Außerdem schrieb C. „Der königl. schwedische in Deutschland geführte Krieg“ (nach der Handschrift herausgegeben, 6 Bde., Stockh. 1855—59).
SEIDEL (FRIEDRICH LUDWIG).
Musikdirektor des königlichen Nationaltheaters und Komponist zu Berlin: geb. zu Treuenbrietzen am 14t en Julius 1767 (geb. d. l. Juni 1765, gest. den 5. Mai 1831.)
Kam im J. 1776 nach Berlin zum Kapellmeister Reichard; wurde erst von ihm zur Theologie bestimmt, nachher aber zur Musik angehalten; studierte unter ihm und unter Possin, nachherigen Kapellmeister des Prinzen Heinrich von Preussen, die Grundlehren der Musik; machte mit Reichard die Reisen nach England und Frankreich; privatisierte seit 1786 zu Berlin und gab Unterricht im Klavierspielen ; wurde im J. 1792 Organist der St. Marienkirche zu Berlin; erhielt bei Erbauung des neuen Theaters 1801 das Amt des zweiten Musikdirektors als Assistent, und im J. 1807 den Titel eines Musikdirektors mit Vermehrung feines Gehalts.
Zwey Sammlungen von Liedern am Klavier. Berlin 1795. gr. 8.
Hymnus auf Gott, von Friedrich von Köpken; ein Oratorium.
Vier Psalmen von Moses Mendelssohn, für die Kirche.
Die Unsterblichkeit, eine Kantate von F. Kinderling.
Lob der Gottheit, von Kleist, mit Chören und grossem Orchester.
Jery und Bätely, eine Operette von Göthe.
Sechs Zwischenakte mit vollem Orchester für das königl. Nationaltheater.
Die Schmidtswitte, Operette in einem Akte, Fortsetzung des Dorfbalbiers, von J. v. Voss ; für das königl. Nationaltheater.
Ouvertüre und Zwischenmusik zur Turandot von Friedrich Schiller, für das königl. Nationaltheater.
Sehnsucht, von Friedrich v. Schiller, durchgesetzt, mit Begleitung des Pianoforte. Berlin (1806).
Lieder mit Begleitung des Pianoforte, in Musik gesetzt, 1ster Heft. ebend. 1808
Friedrich Wilhelm Sietze
* 16. August 1771 zu Treuenbrietzen, + 23. Oktober 1830 in Berlin.
Geheimer Ober-Tribunalrat
Seidel (Joh. Friedr.), Protektor der von dem Berl.-Kölnisch. Gymnasium abhängenden Berl. Schule zu Berlin. Geb. zu Treuenbrietzen am 5. Juli 1749.
Lieder für und an die Jugend; nebst einigen Fabeln und Erzählungen; als 1ste Abtheil. Seiner Gedichte oder des Familienbuchs. Berl. 809 –
Brünemann. (Christian Andr.) oder Brunemann. Geb. zu Treuenbrietzen 1708 n. Gerber und Forkel (n. Küster Altmark), besuchte zu Berlin das Joachimsthal'sche Gymnasium, studierte zu Frankfurt und Marburg und ward dann Hofmeister bei einem Herrn v. Knipphausen. Im Jahre 1740 ward er Rector bei dem neuerrichteten Gymnasium der Friedrichsstadt zu Berlin und als dies 1746 mit dem Friedrichs-Werderschen Gymnasium vereinigt ward, auch bei diesem. Er starb 24. Nov. (od. Dez ) 1746 plötzlich am Blutsturz zu Berlin. Er schrieb: Programma de Cantu et Cantoribus ad aud. Orat. de Múusica virtutis administra. Berol. 1741. 4.
Erasmus Seidel.
den 29sten November 1594 zu Treuenbrietzen geboren, studierte in Wittenberg, ward 1620 Syndikus, 1627 Bürgermeister in Berlin; l630 suchte und erhielt er seine Entlassung; 1636 wurde er Hof- und Kammergerichtsrath, und 1633 den 2ten Novbr. Geheimerrath. In diesem Amte zeigte er sich aber nicht eher sehr tätig, als bis Friedrich Wilhelm ihn gleich beim Antritte seiner Regierung dem Grafen von Schwarzenberg im Geheimen Rath zuordnete. Das Vertrauen dieses Fürsten genoss er in großem Maße, setzte die ersten Ehepakten desselben mit der Oranischen Prinzessin auf, und begleitete ihn 1652 nach Prag, wo, wegen der Wahl Ferdinands IV. zum Römischen König Unterhandlungen gepflogen wurden. Als er auf der Rückreise an Steinschmerzen heftige litt, blieb Friedrich Wilhelm, nebst dem Churfürsten von Sachsen, seinetwegen einen Tag langer. Überhaupt war er häufig im Gefolge des großen Churfürsten auf Reisen und in den Feldzügen, wurde auch an den Schwedischen Hof, und an andre Höfe versandt, und 1651 dem Markgrafen Ernst im Clevischen zugesellt. Bei der Departements- Verteilung des Geheimen Raths im Jahr 1651 legte der Churfürst ihm sehr viele und wichtige Sachen auf. Er starb 1655 den 30sten März.
Daniel Dobritz von 1651. bis 1654. Ist zu Beltzig in Chur-Sachsen Anno 1624 gebohren, und hat, als seine Eltern 1635 in dem großen Brande, der ganz Beltzig in die Asche legte, ihr sämtliches Vermögen verlohren, sich darauf nach Berlin begeben, wo selbige in den damaligen elenden Pest- und Krieges-Zeiten starben, 5 Jahre lang das graue Closter frequentirt, jedoch Armuthhalber als Currende- Schüler, und mit Aufgebunq seiner Lust zum Studieren. Er ward 1641 bey Herrn Leonhard Weiler, Rath bey der Halberstädtschen Regierung, Bedienter, begleitete denselben auf seinen akademischen Reisen nach Frankfurt, Rostock, Greifswalde und Königsberg in Preußen, und hielt sich so wohl, daß ihn sein Herr 1646 zu seinem Schreiber machte, welchen Dienst er bis 1650 verwaltete; 1651 ward er zum Stadtschreiber nach Neustadt-Eberswalde berufen, und den 22 Januars 1652 von der Churfürstlichen Amts-Cammer auf Sr. Churfürstlichen Durchlauchten höchsteigenhändigen Befehl zugleich zum Einnehmer des Zolles und der doppelten Metze ernannt. l 654 bekam er das Amt eines Stadtrichters, und 1655 um Johannis wurde er Bürgemeister und Churfürstlicher Postmeister, auch hernach noch Accise - Einnehmer. Er beschloß sein Leben den 2. Juli 1684. im 60sten Jahre.
Georg Höckelius von Strasburg, hatte ehedem sowohl zu Basel als in seinem Vaterlande die Theologie bey der Academie profitiret, ward aber, nachdem er von Strasburg vertrieben war, 1587. zu Braunschweig Prediger, und als er daselbst 1588.wieder abgesetzt worden, allhier 1589. auf Chytrai Recommendation Pfarrer der Altstadt. Da er aber 1590. auch hier seines Dienstes entsetzet war, gieng er wie, der nach Braunschweig, und ist Superintendent zu Beltzig in Sachsen geworden. S. Rehtmeiers Braunschweigsche Kirchenhistorie IV. Theil S. 22.35. u. s. w. Hartknochs Kirchenhistorie S.506. und Erleutertes Preußen III. Th. S 223. u. f.
Börner, (Juli. Gottfried). K. Musik-Director, Organist und Kantor der Louisenkirche zu Charlottenburg. Geboren 13. Nov. 1809 zu Niemegk bei Belzig, erhielt den ersten Musik - Unterricht bei dem Kantor Altstadt daselbst, den er 1824 auf dem Seminar zu Potsdam unter Schärtlich's Leitung fortsetzte. Im Jahre 1827 ward er Schüler des K. Instituts für Kirchenmusik in Berlin, wo er in der Compositionslehre, dem einfachen und doppelten Contrapunkte und der Fuge von B. Klein Unterricht erhielt. Zu Michaeli 1828 ward er als Lehrer und Stellvertreter des Kantors Liebetrut in Charlottenburg angestellt, genoss aber nach wie vor den Unterricht B. Klein's bis zu dessen Tode. Im Jahre 1834 trat er in die Sing-Akademie zu Berlin, deren Mitglied er noch jetzt (1859) ist. Im Jahre 1836 ward ihm die Kantor- und Organistenstelle des emer. Kantors Liebetrut bei der Louisenkirche zu Charlottenburg übertragen, und 1849 erhielt er das Prädikat eines K. Musik-Directors. Er hat viel componirt und erhielt vom Könige Friedr. Wilh. IV. für Ueberreichung von 12 von ihm componirten Psalmen die grosse goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft. Seit dem Jahre 1840 veranstaltet er fast jährlich am 19. Juli (Todestag der Königin Louise) eine musikalische Trauerfeier zu wohlthätigem Zwecke. Unter seinen Compositionen, von denen nur wenige gedruckt sind, befinden sich 2 Oratorien, 12 Psalmen, 40 Quartette, Lieder etc., 10 Präludien und Fugen f. d. Orgel, 6 Ouvertüren und 10 Sinfonien f. Orch., 6 Streichquartette. Augegeben können folgende werden:
Kirchenmusik. 1. Das Pfingstfest. Orat. 21. Jun. 1838. Louisenkirche zu Charlottenburg. 2. Elias. Orat. 3 Abth. 1844. 3. D. 138 Psalm. 1. Sept. 1850 zur Einweihung der Kirche zu Lützow comp. und von ihm dort dirigirt: „Ich danke dir von ganzem Herzen!" - 4 Tc Deum laudamus. 5. 3. Psalm. 6. 25. Psalm. 7. 28. Psalm. 8. 46. Ps. 9. 47. Psalm. 10. 56 Psalm. 11. 86. Psalm. 12. 97. Psalm. 13. 100. Psalm. 14. 103. Ps. 15. 121. Psalm.
Lieder: 12 Soldatenlieder von Pulvermacher f. 4 M st. Sr. K. H. dem Prinzen von Preussen. ded. Bresl. Cranz.
Tänze: Alexandertänze f. Pf. (1. Polon. 2. Preussischer Tanz. 3. Walzer. 4. Ma. zurka) op. 2. Berl. Stackebrand 1837.
Stein (Carl), Königl. Musik-Director und Organist au der Stadtkirche zu Wittenberg. Geb. den 25. Oct. 1824 zu Niemegk (Kr. Zauch-Belzig), Sohn des dortigen Oberpredigers, hegte schon früh den Wunsch, sich der Musik zu widmen, machte kleine Compositions-Versuche und versah, nachdem er den Unterricht des tüchtigen Organisten Brandt im Orgelspiel erhalten, oftmals das Organistenamt selbstständig. Durch musikalische Landsleute (Gebr. Börner) angeregt, besuchte er das Seminar zu Potsdam, wo er den Unterricht Schärtlich's in der Musik genoss, den er auch als Organist der Garnisonkirche oft vertreten musste. Im J. 1841 trat er in das K. Institut für Kirchenmusik zu Berlin, wo A. W. Bach. Grell und Killitschgy seine Lehrer waren; auch hörte er die Vorlesungen des Prof. Marx und ward nach einem Jahre Eleve der Akademie der Künste unter Rungenhagens Leitung. Hier ward ihm die grosse silberne Medaille als Preis von der Akademie ertheilt. Im J. 1846 veranstaltete und leitete er in seiner Vaterstadt ein 2tägigee Musikfest. In Berlin, wo er bis zum J. 1850 privatisirte, wurden mehrere grössere Compositionen von ihm zur Aufführung gebracht, als: der 71. Psalm 1846; die Cantate: Ein Abend in Neapel, 1848; eine idyllische Cantate von Kannegiesser, 1849; eine Symphonie Em. f. Orch., von der Liebig'schen Kapelle aufgeführt. Nachdem er in der letzten Zeit seines Aufenthaltes in Berlin die Organistenstelle der jüdischen Reformgemeinde versehen hatte, ward er 1850 als Organist der Stadtkirche und Gesanglehrer des Gymnasiums nach Wittenberg berufen. Hier vollendete er sein Oratorium: die Geburt Christi, das er unter Mitwirkung der Dessan'schen Kapelle in Wittenberg zur Aufführung brachte. Am 19. April I860 ward ihm die Leitung der zur 300jährigen Todesfeier Melanchton'e stattgefundenen Musikaufführung in Wittenberg übertragen, wobei ein Theil der Berliner Sing - Akademie mitwirkte. Im Mai desselben Jahres erhielt er das Patent eines K. Musik - Directors.
Lieder. 3 Lieder f. 1 Sgst. m. Pf. (1. Und wüssten's die Blumen. 2. Lebe wohl. 3. Geh' du nur hin), op. 1. Berlin, Challier. — Eiue Thräne, v. Beck, Terz. f. S. A. T. m. Pf. op. 2. Potsd. Riegel. — 6 Fabeln, v. Speckter, f. 1 Sgst. m. Pf. op. 4. Magdeb. Heinrichshofen. — 2 Duette f. S. u. T. m. Pf. ebend. 18S4. — Eine Liedersammlung f. Schulen. — Wittenberger Choralbuch, Potsd. Riegel. — Ferner zerstreut Compositionen in verschiedenen Sammlungen.
Clavier-Compositionen. Jugendklänge, leichte Sätze f. Pf. 2 Hefte, op. 3. Potsdam, Riegel.
Johann Gabriel August Conradi, Chirurgus, geboren den 2 April 1771 zu Niemegk. Sein Vater war der Chirurgus Johann Gabriel Conradi. Derselbe ging im Jahre 1826 als Chirurgus bei dem von Usedomschen Husaren-Regiment mit zu Felde und ist seit der Schlacht bei Auerstädt oder seitdem Treffen bei Lübeck verschollen. Sein Vermögen im Depositorio in des Vormundschaft- Gerichts beträgt 5 Rthlr. Gold und 52 Rthlr. 7 gl. 5 Pf- Courant.
Himmel (Friedrich Heinrich), geboren zu Treuenbrietzen 1765 (20.11.1765, + 08.06.1814 in Berlin) ; studierte Theologie und wartete eben in Potsdam auf eine Feldpredigerstelle, als ihn der König Friedrich Wilhelm II, als einen geschickten Klavierspieler kennen lernte. Er erhielt nun einen Jahresgehalt und widmete sich ganz der Musik, die er in Dresden unter Naumann, dann später in Italien studierte; er ward zum königlich preußischen Kapellmeister ernannt, machte Urlaubsreisen nach Schweden, Rußland und England und hielt sich längere Zeit am gothaischen Hofe auf, lehrte aber nach Berlin zurück, und starb 18l4. Unter seinen Opern zeichnet sich vorzüglich Fanchon aus, die zwischen Baudeville und Oper inne steht. Hs. Talent bestand überhaupt vorzüglich in seiner Liederkomposition, und er war es vorzüglich, der das Lied zu der Stufe der Vollkommenheit brachte, wie wir es jetzt besitzen. In dieser Art ist eine seiner vorzüglichsten Compositionen: Urania, gedichtet von Tiedge.
Friedrich Heinrich Himmel, 1765 zu Treuenbrietzen im Brandenburgischen geboren. Auch er trieb Musik Anfangs nur dilettantisch in seinen Erholungsstunden und erst durch den König Friedrich Wilhelm II. wurde er bewogen, das Studium der Gottesgelahrtheit, für welches er sich entschieden, aufzugeben und unter Naumann, dem seiner Zeit hochberühmten Operncomponisten in Dresden, Musik zu studieren. Naumann dürfte der letzte entschiedene Vertreter jener sogenannten „galanten Schreibart" sein, die durch Prätorius und Schütz in Deutschland eingeführt wurde und hier bald derartig das Bürgerrecht erlangte, daß jeder strebende Musiker, wollte er irgendwie zu Bedeutung gelangen, die galante Schreibart in Italien selbst erlernen mußte. Auch Naumann hatte sie dort gelernt und geübt, aber zu einer Zeit, in welcher durch sie schon die Macht der ursprünglichen italienischen Cantilene gebrochen und die Melodie in saftlosen Schnörkeln und Verbrämungen untergangen war. So übte sie Naumann und überlieferte er sie seinem Schüler und in diesem trieb sie eine neue Weise des volksthümlichen Liedes. Das im Ganzen feste Gefüge des Hiller'schen Liedes wird aufgelöst und mit jenem neuen fremden Element versetzt. In jenem sind noch Melodie und Harmonie ziemlich eng verbunden und darum schwer zu trennen, in diesem fallen beide schon auseinander. Die Melodie tritt so dominierend auf, daß die Harmonie nichts weiter als dürftige Unterlage bildet, und sie selbst ihren eigentlichen Charakter und feste Construction verliert. Auch die Hiller' sche Melodie erfasst Text und Stimmung eigentlich wenig und nur ganz oberflächlich, aber in dem sichern Anschluss an das Wort und das Sprachmetrum, bei einheitlichem Zuge der Melodie, bildet sich dieser doch ein ganz bestimmter Charakter an. Davon ist jetzt kaum noch die leiseste Spur. Alle Melodien dieser Richtung haben fast unterschiedloses Gepräge, dass man sie beliebig verwechseln könnte. Sie setzen sich nur aus einzelnen Phrasen zusammen, höchstens mit Berücksichtigung der Reimzeilen. Es gilt dies noch weniger von den Liedern aus Himmel's „Fanchon": „Es kann ja nicht immer so bleiben" und „Die Welt ist nichts, als ein Orchester," die noch der Hiller'schen Weise entsprechen. Aber schon: „An Alexis send ich dich" steht so hart an der Grenze, dass es mehr jener letztern Gattung des volkstümlichen Liedes angehören dürfte.
Mit den Gesängen aus Tiedge's „Urania," welche der Königl. Preuß. Hofkapellmeister und Kammerkompositeur in der Vorrede für sein liebstes Werk erklärt, beginnt die höhere Cultur des volkstümlichen Liedes unter empfindsamen Schreibern, gebildeten Schneidergesellen und gefühlvollen, nicht mehr zu jungen und guitarrespielenden Jungfrauen. Die Melodie des: „ Mir auch war ein Leben aufgegangen" wurde der Typus für eine unendliche Reihe volksthümlicher Lieder, die sich in jenen Kreisen bis in die jüngste Zeit erhalten haben, während sie in den höhern gar bald von anderen verdrängt wurden. Wir kommen, wie schon bemerkt auf diese Erscheinungen später noch zurück.
Herz (Chr. H.) Proviantmeister und Magazin-Rendant zu Stralsund; geb. zu Treuenbrietzen am 21. November 1787. §§ Notizen für angehende Militair-Oekonomie-Beamte. Greifsw 1818-20. 3 Hefte, 8. Blätter zur gemeinnützigen Erkenntniss der äusserl. Mängel und Gebrechen mehrerer Haustiere. Berlin 1822. 4.
Hr. Tobias Turley, Orgelbauer zu Treuenbrietzen, wenn gleich Autodidact, war ein im Forschen u. in seiner Kunst unermüdlich vorwärts strebendes Genie. Er verbesserte seine Orgelwerkzeuge, dass sie zur Arbeit vortheilhafter als sonst zu benutzen waren, und erfand neue, so wie auch eine Vorrichtemaschine, welche er benutzte, um gegossene kurze u. starke Metallplatten so zu bearbeiten, dass sie auf eine sichere Art, nach Willkür, zu dünnen u. langen Platten ausgewalzt werden konnten, die er sodann zu Orgelpfeifen verwandte. Hierdurch ersparte er sich nicht nur das der Gesundheit so nachtheilige, sehr mühsame u. oft misslingende Giessen grosser Platten , sondern auch Zeit u. Geld, indem solche Platten der Behobelung nicht bedürfen, folglich kein Abgang Statt findet, bei dessen Umschmelzung viel Metall verloren geht, und das, was beim Zuschneiden der Pfeifenplatten abfällt, dünner gewalzt u. zu kleinem Pfeifen verwendet werden kann. Gewalzte Platten haben überdem vor den gehobelten den Vorzug, dass sie auf beiden Seiten eine stets gleiche Fläche u. eine natürliche Politur erhalten, sich leichter u. besser wie jene runden, als Pfeifen leichter ansprechen, sich leichter intouiren u. stimmen lassen, auch einen reinem Klang 'geben.
Der Sohn desselben, Hr. Friedrich Turley zu Treuenbrietzen, erlernte bei seinem Vater die Orgelbaukunst u. arbeitet, nach dem Tode seines Vaters, in dessen Geiste fort. Unter seinen Erfindungen, von welchen ich hier den Gebrauch des Elfenbeines zu Mundstücken der Zungenstimmen, die der Verstimmung weniger als die von Metall ausgesetzt sind, die eigene Art, Knochen zu präpariren, und seine schrägen Vorschläge an hölzernen Orgelpfeifen nenne, ist die wichtigste: Labialpfeifen ohne Kerne zu arbeiten, die eine überraschend schöne, sanfte u. ätherische Orgelstimme gehen. Bis jetzt stehen sie nur erst in den Orgeln zu Neu-Ruppin u. Perleberg, und sollen nun auch für Salzwedel in die St. Catharinenkirchenorgel gestellt werden.
Chemnitius, Mt. , Doct. Theol. u. Superinr. in Braunschweig s. 1554 (früh. Rector an der Domschule in Königsberg, 1550 fürstl. Bibliothekar das., dann einige Zeit akadem. Lehrer in Wittenberg), geb. 9. Nov. 1522 zu Treuenbrietzen, + 8. Apr. 1586.
C. W. Ferd. Büchner, 1807, 26. Juli in Bardewitz bei Treuenbrietzen geb., war Lehrer in Halle, Schulpforte, Halberstadt; jetzt Oberlehrer am Gymn. zu Schwerin, seit 1834. — Cic. or. p. S, Roscio Amer.
Chemnitz (Martin), nächst Melanchthon, dessen Schüler er war, der berühmteste unter den luth. Dogmatitern des 16. Jahrh., geb. von armen Aeltern zu Treuenbrietzen in der Mark Brandenburg 9. Nov. 1522, zuerst Schulmeister in Wriezen a. d. O. (1544), dann Mathematiker und Astronom, studierte seit 1545 in Wittenberg und Königsberg, erhielt an letzterm Orte 1548 das Rectorat an der Domschule und wurde 1550, wegen seiner astrol. Kenntnisse dem Herzog Albrecht empfohlen, dessen Bibliothekar. Erst von dieser Zeit an ward die Theo« logie sein Hauptstudium. In den Streitigkeiten Osiander's über die Rechtfertigungslehre nahm er mit Mörlin Partei gegen denselben und wendete sich 1553, wo Oslander's Partei obsiegte, wieder nach Wittenberg. Hier hielt er Vorlesungen über Melanchthon's „Loci communes“ aus denen seine eigenen „Loci theologici“ (herausg. von Leyser, Franks. 1591) entstanden, welche in Methode und gelehrter Ausstattung alle Arbeiten ähnlicher Art aus jener Zeit übertreffen. 1554 wurde er Prediger in Braunschweig. In dieser Zeit nun schrieb er seine „Repetitio sanae doctrinae de vera praesentia corporis et sanguinis Domini in coena sacra“ (Lpz. 1561), worin er die Abendmahlslehre Luther's gegen die Reformirten vertheidigte; die „Theologiae Jesuitarum praecipua capita“ (Lpz. 1562), eine nackte Darstellung der gefährlichen Lehren der Jesuiten, und das „Examen ooncilii Tridentini“ (4 Bde., Lpz. 1565; vollständige Ausg., Franks. 1707), ein Werk, in dem er sich als der scharfsinnigste und gelehrteste Polemiker gegen den röm. Katholicismus bewiesen hat. Seit Melanchthon's Tode wandte er sich, wie so mancher seiner Zeitgenossen, immer entschiedener von der Lehrweise seines großen Lehrers ab und den exclusiv luth. Anschauungen über Gnade und Willensfreiheit, Erbsünde, Belehrung, Ubiquität, Abendmahl u. s. w. zu. In diesem Sinne hat er an der Feststellung des luth. Lehrbegriffs im Gegensatze zu dem melanchthonischen einen entschiedenen Antheil genommen. Mit Mörlin in Königsberg arbeitete er 1566 das „Corpus doctrinae Prutenicae“ aus, welches für die Protestanten in Preußen symbolisches Ansehen erhielt. Nachdem er 1567 Superintendent zu Braunschweig geworden, faßte er eine Confession für die niedersächs. Kirchen ab, welche 1571 auf dem Convent zu Wolfenbüttel angenommen wurde. Mit Jac. Andreä betrieb er die Vereinigung der sächs. und schwäb. Kirchen zur Annahme der Concordienformel (s. d.), die in Ober- und Niedersachsen, Franken und Schwaben als Lehrnorm eingeführt wurde. Fast seine ganze Thätigkeit war diesem Werke gewidmet; bei allen deshalb gehaltenen Conventen führte er nächst Andreä das Wort. Trotzdem mußte er noch den Schmerz erleben, daß sein eigener Landesherr das mühsam zu Stande gebrachte Concordienwerk abwies. Er starb zu Braunschweig, nachdem er 1585 sein Amt niedergelegt, 8. April 1586. Die von ihm angefangene „Harmonia evangeliorum“ wurde von Leyer und Joh. Gerhard vollendet. — Sein Sohn, Martin C., geb. 15. Oct. 1561, wurde 1593 Rath des Herzogs Bogislav XIII. von Pommern, 1618 Geheimrath und Kanzler des Herzogs Friedrich von Holstein-Gottorp und starb zu Schleswig 26. Aug. 1627. — Philipp Bogislav von C., einer der fünf Söhne des letztgenannten, geb. zu Stettin 9. Mai 1605, trat sehr jung in holländ., dann in schwed. Kriegsdienste, ward auf Empfehlung des Kanzlers Orenstierna von der Kömgin Christine von Schweden zum Rath und Historiographen ernannt, 1648 in den Adelstand erhoben und starb auf seinem Gute zu Hallstadt in Schweden 1678. Unstreitig ist er der Verfasser der unter dem Namen Hippolitus a Lapide erschienenen merkwürdigen Schrift „De ratione status in imperio nostro Romano - Germanico etc.“ (1640: 2. Aufl., Freystadt 1647), in welcher die gemissbrauchten kaiserl. Gerechtsame in ihre Grenzen zurückgewiesen wurden und eine freiere Behandlung des Staatsrechts angebahnt ward. Außerdem schrieb C. „Der königl. schwedische in Deutschland geführte Krieg“ (nach der Handschrift herausgegeben, 6 Bde., Stockh. 1855—59).
SEIDEL (FRIEDRICH LUDWIG).
Musikdirektor des königlichen Nationaltheaters und Komponist zu Berlin: geb. zu Treuenbrietzen am 14t en Julius 1767 (geb. d. l. Juni 1765, gest. den 5. Mai 1831.)
Kam im J. 1776 nach Berlin zum Kapellmeister Reichard; wurde erst von ihm zur Theologie bestimmt, nachher aber zur Musik angehalten; studierte unter ihm und unter Possin, nachherigen Kapellmeister des Prinzen Heinrich von Preussen, die Grundlehren der Musik; machte mit Reichard die Reisen nach England und Frankreich; privatisierte seit 1786 zu Berlin und gab Unterricht im Klavierspielen ; wurde im J. 1792 Organist der St. Marienkirche zu Berlin; erhielt bei Erbauung des neuen Theaters 1801 das Amt des zweiten Musikdirektors als Assistent, und im J. 1807 den Titel eines Musikdirektors mit Vermehrung feines Gehalts.
Zwey Sammlungen von Liedern am Klavier. Berlin 1795. gr. 8.
Hymnus auf Gott, von Friedrich von Köpken; ein Oratorium.
Vier Psalmen von Moses Mendelssohn, für die Kirche.
Die Unsterblichkeit, eine Kantate von F. Kinderling.
Lob der Gottheit, von Kleist, mit Chören und grossem Orchester.
Jery und Bätely, eine Operette von Göthe.
Sechs Zwischenakte mit vollem Orchester für das königl. Nationaltheater.
Die Schmidtswitte, Operette in einem Akte, Fortsetzung des Dorfbalbiers, von J. v. Voss ; für das königl. Nationaltheater.
Ouvertüre und Zwischenmusik zur Turandot von Friedrich Schiller, für das königl. Nationaltheater.
Sehnsucht, von Friedrich v. Schiller, durchgesetzt, mit Begleitung des Pianoforte. Berlin (1806).
Lieder mit Begleitung des Pianoforte, in Musik gesetzt, 1ster Heft. ebend. 1808
Friedrich Wilhelm Sietze
* 16. August 1771 zu Treuenbrietzen, + 23. Oktober 1830 in Berlin.
Geheimer Ober-Tribunalrat
Seidel (Joh. Friedr.), Protektor der von dem Berl.-Kölnisch. Gymnasium abhängenden Berl. Schule zu Berlin. Geb. zu Treuenbrietzen am 5. Juli 1749.
Lieder für und an die Jugend; nebst einigen Fabeln und Erzählungen; als 1ste Abtheil. Seiner Gedichte oder des Familienbuchs. Berl. 809 –
Brünemann. (Christian Andr.) oder Brunemann. Geb. zu Treuenbrietzen 1708 n. Gerber und Forkel (n. Küster Altmark), besuchte zu Berlin das Joachimsthal'sche Gymnasium, studierte zu Frankfurt und Marburg und ward dann Hofmeister bei einem Herrn v. Knipphausen. Im Jahre 1740 ward er Rector bei dem neuerrichteten Gymnasium der Friedrichsstadt zu Berlin und als dies 1746 mit dem Friedrichs-Werderschen Gymnasium vereinigt ward, auch bei diesem. Er starb 24. Nov. (od. Dez ) 1746 plötzlich am Blutsturz zu Berlin. Er schrieb: Programma de Cantu et Cantoribus ad aud. Orat. de Múusica virtutis administra. Berol. 1741. 4.
Erasmus Seidel.
den 29sten November 1594 zu Treuenbrietzen geboren, studierte in Wittenberg, ward 1620 Syndikus, 1627 Bürgermeister in Berlin; l630 suchte und erhielt er seine Entlassung; 1636 wurde er Hof- und Kammergerichtsrath, und 1633 den 2ten Novbr. Geheimerrath. In diesem Amte zeigte er sich aber nicht eher sehr tätig, als bis Friedrich Wilhelm ihn gleich beim Antritte seiner Regierung dem Grafen von Schwarzenberg im Geheimen Rath zuordnete. Das Vertrauen dieses Fürsten genoss er in großem Maße, setzte die ersten Ehepakten desselben mit der Oranischen Prinzessin auf, und begleitete ihn 1652 nach Prag, wo, wegen der Wahl Ferdinands IV. zum Römischen König Unterhandlungen gepflogen wurden. Als er auf der Rückreise an Steinschmerzen heftige litt, blieb Friedrich Wilhelm, nebst dem Churfürsten von Sachsen, seinetwegen einen Tag langer. Überhaupt war er häufig im Gefolge des großen Churfürsten auf Reisen und in den Feldzügen, wurde auch an den Schwedischen Hof, und an andre Höfe versandt, und 1651 dem Markgrafen Ernst im Clevischen zugesellt. Bei der Departements- Verteilung des Geheimen Raths im Jahr 1651 legte der Churfürst ihm sehr viele und wichtige Sachen auf. Er starb 1655 den 30sten März.
Daniel Dobritz von 1651. bis 1654. Ist zu Beltzig in Chur-Sachsen Anno 1624 gebohren, und hat, als seine Eltern 1635 in dem großen Brande, der ganz Beltzig in die Asche legte, ihr sämtliches Vermögen verlohren, sich darauf nach Berlin begeben, wo selbige in den damaligen elenden Pest- und Krieges-Zeiten starben, 5 Jahre lang das graue Closter frequentirt, jedoch Armuthhalber als Currende- Schüler, und mit Aufgebunq seiner Lust zum Studieren. Er ward 1641 bey Herrn Leonhard Weiler, Rath bey der Halberstädtschen Regierung, Bedienter, begleitete denselben auf seinen akademischen Reisen nach Frankfurt, Rostock, Greifswalde und Königsberg in Preußen, und hielt sich so wohl, daß ihn sein Herr 1646 zu seinem Schreiber machte, welchen Dienst er bis 1650 verwaltete; 1651 ward er zum Stadtschreiber nach Neustadt-Eberswalde berufen, und den 22 Januars 1652 von der Churfürstlichen Amts-Cammer auf Sr. Churfürstlichen Durchlauchten höchsteigenhändigen Befehl zugleich zum Einnehmer des Zolles und der doppelten Metze ernannt. l 654 bekam er das Amt eines Stadtrichters, und 1655 um Johannis wurde er Bürgemeister und Churfürstlicher Postmeister, auch hernach noch Accise - Einnehmer. Er beschloß sein Leben den 2. Juli 1684. im 60sten Jahre.
Georg Höckelius von Strasburg, hatte ehedem sowohl zu Basel als in seinem Vaterlande die Theologie bey der Academie profitiret, ward aber, nachdem er von Strasburg vertrieben war, 1587. zu Braunschweig Prediger, und als er daselbst 1588.wieder abgesetzt worden, allhier 1589. auf Chytrai Recommendation Pfarrer der Altstadt. Da er aber 1590. auch hier seines Dienstes entsetzet war, gieng er wie, der nach Braunschweig, und ist Superintendent zu Beltzig in Sachsen geworden. S. Rehtmeiers Braunschweigsche Kirchenhistorie IV. Theil S. 22.35. u. s. w. Hartknochs Kirchenhistorie S.506. und Erleutertes Preußen III. Th. S 223. u. f.
Fregu - 20. Jan, 16:57